von Patentanwalt Prof. Dr. H. B. Cohausz

Patente in China

 

Patente in China anmelden? 

In letzter Zeit häufen sich Kommentare, in denen bezweifelt wird, dass Patentanmeldungen in China nützlich seien. Es wird behauptet, dass es klüger sei, neue technische Entwicklungen nicht zum Patent und schon gar nicht in China anzumelden. Statt dessen sollten sie geheim gehalten werden, da Patente deutscher Unternehmen in China von Produktpiraten als Bauanleitungen benutzt würden. 

Die Situation in Deutschland 

Deutsche Unternehmen haben in den letzten Jahren immer stärker erfahren müssen, dass ihre technischen Produkte von chinesischen Firmen nachgeahmt und nach Deutschland zu äußerst niedrigen Preisen geliefert werden. Die chinesischen Nachahmungen werden hierbei oft von denselben Händlern angeboten, die auch die Kunden der deutschen Unternehmen sind. Bis vor wenigen Jahren war dies für die deutschen Unternehmen unproblematisch, da die Qualität der chinesischen Nachahmungen gering und damit für den Markt unakzeptabel war. Innerhalb der letzten fünf Jahre ist aber die Qualität der chinesischen Produkte wesentlich besser geworden, so dass die deutschen Hersteller erleben müssen, dass mancher Käufer das preiswertere chinesische Produkt vorzieht. 

Deutsche technische Produkte zeichnen sich in der Regel durch innovative Ideen und neue Konstruktionen aus, für die das Unternehmen erhebliche Entwicklungskosten aufgebracht hat. Um diese Mehrkosten wieder einzubringen, war das Unternehmen gut beraten, die neuen technischen Entwicklungen zum Patent zumindest in Deutschland und Europa anzumelden. Es hat sich aber gezeigt, dass deutsche und europäische Patente gegen chinesische Nachahmungen selten hilfreich sind. 

Das deutsche Unternehmen kann zwar dem deutschen Händler die verletzenden chinesischen Nachahmungen verbieten, verliert aber darüber in der Regel den Händler als Kunde. Das deutsche Unternehmen würde erfolgreicher handeln, wenn es die chinesischen Nachahmer direkt am Herstellungsort in China angreifen würde. Die Nachahmer sind sogar leicht im Internet aufzufinden, da fast jeder chinesische Produzent eine umfangreiche Webseite mit alle nachgeahmten Produkten führt. Viele deutsche Unternehmen haben aber versäumt, ihre Neuentwicklungen zusätzlich in China anzumelden, so dass ein Vorgehen in China nur dann möglich ist, wenn das Produkt äußerlich derart identisch nachgebaut wurde, dass es verwechselt werden kann. Man spricht in diesem Fall von einer „sklavischen Nachahmung“, die nicht nur in Deutschland sondern auch in China einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellt. 

Patentanmeldungen in China

 Sollte also deutschen Unternehmen geraten werden innovative Ideen und neue Konstruktionen auch in China zum Patent anzumelden? Folgende Argumente werden gegen Anmeldungen in China aufgeführt: 

  1. Chinesische Unternehmen würden Patente als Bauanleitung „zum Abkupfern“ benutzen, da die geschützten Technologien darin bis aufs Detail beschrieben sind. 

Dies ist falsch: 

  • Der Text einer vernünftig abgefassten Patentanmeldung enthält in der Regel nur den erfinderischen Kern der Neuentwicklung und nach Möglichkeit kein Know-how, so dass ohne zusätzliches umfangreiches Wissen und Erfahrungen ein direkter Nachbau aus den Informationen der Patentanmeldung kaum möglich ist. 
  • Chinesische Nachahmer richten sich nicht nach dem Inhalt von Patentschriften. Vielmehr warten Sie ab, bis ein Produkt ein Erfolg auf dem Markt ist und nehmen dann das Produkt auseinander, um es nachzubauen. 
  1. Ein Geheimhalten einer Neuentwicklung sei wirksamer als eine Patentanmeldung.

Auch dies ist falsch: 

  • Eine Neuentwicklung lässt sich nur solange geheim halten, bis das Produkt auf dem Markt ist. Danach kann es von jedem nachgebaut werden, wenn es nicht zum Patent angemeldet worden ist. 
  • Konkurrenten entwickeln oft Ähnliches. Die technische Entwicklung schreitet heute schneller voran. Um auf dem Markt seine Marktanteile zu halten oder Weitere zu gewinnen, müssen verbesserte Produkte in kürzeren Zeitabständen als früher auf den Markt gebracht werden. Dies führt dazu, dass jedes Unternehmen sich mit der Weiterentwicklung von Produkten und Verfahren beschäftigen muss, wenn es nicht untergehen will. Hierdurch sind in allen Branchen stets mehrere Unternehmen gleichzeitig mit Weiterentwicklungen beschäftigt, so dass die Chance groß ist, dass mehrere Unternehmen an denselben Problemen arbeiten und mindestens ein anderes Unternehmen etwa zur selben Zeit gleiche Entwicklungsergebnisse hat. Man sagt: "Die Zeit ist für eine bestimmte Idee reif." In dieser Situation darauf zu bauen, dass die Konkurrenz die eigene Idee nicht finden und nicht anmelden wird, ist riskant. 
  • Ein Geheimhalten ist kaum möglich. In der heutigen Wirtschaft wechseln die Arbeitnehmer den Arbeitsplatz häufiger als in früheren Zeiten. Sie gehen oft zu einem Unternehmen, das ähnliche Produkte wie das bisherige herstellt. Sie haben also ihren nächsten Arbeitsplatz bei einem konkurrierenden Unternehmen und können dort das bis dahin geheim gehaltene Know-how weitergeben. Dies kann von dem vorherigen Arbeitgeber nur schwer nachgewiesen und nicht verhindert werden. 
  1. Wer eine Erfindung nicht anmeldet und statt dessen geheim nutzt, (wenn sich die Erfindung überhaupt geheim halten lässt), muss spätere Patentanmeldungen der Konkurrenz mit derselben Erfindung nicht fürchten, da es ein Vorbenutzungsrecht gebe. 

(Wer die angemeldete Erfindung eines anderen bereits vorher in seinem Betrieb nutzte oder hierzu Vorbereitungen traf, darf die Erfindung patentfrei weiter benutzen, § 12 PatG.) Auf ein Vorbenutzungsrecht zu bauen ist gefährlich: 

  • Oft entsteht in einem Unternehmen eine neue technische Entwicklung ohne sofort benutzt zu werden. In vielen Fällen findet eine Benutzung erst Jahre später statt. Wird in einer solchen Pause der Benutzungsaufnahme von einem anderen dieselbe Erfindung angemeldet, gilt ein Vorbenutzungsrecht nicht.
  •  Das Vorbenutzungsrecht gilt nur in Deutschland und hat keine Wirkung in China. 
  1. Es sei schwierig und würde viele Jahre dauern, bis einem chinesischen Unternehmen die Produktion auf Grund eines chinesischen Patentes verboten werden könne. 

Auch dies ist falsch: 

  • Das chinesische Recht lässt es zu, dass ein Patentverletzungsverfahren nicht nur bei einem Gericht sondern statt dessen beim chinesischen Patentamt anhängig gemacht wird (Petition an das IPO – Intellectual Property Office). Sollte es in diesem Verfahren zu keiner Einigung zwischen den Parteien kommen, gibt das IPO innerhalb kürzester Zeit eine Anordnung auf sofortigen Stopp der Verletzungsaktivitäten heraus. Diese IPO-Entscheidung ist sofort gerichtlich durchsetzbar, so dass schon nach dieser ersten, nur wenige Monate dauernden Instanz die Weiterproduktion verboten und die Verletzungsgegenstände vernichtet werden können. 
  1. Patentverletzungen seien chinesischen Unternehmen schwer nachzuweisen. 

Auch dies ist nicht richtig: 

  • Recherchen im Internet führen sehr schnell zu den verletzenden chinesischen Unternehmen. Die einzelnen gefundenen Internetseiten sind ein gutes Beweismittel. 
  • Zudem können über Dritte die verletzenden Produkte beim chinesischen Unternehmen jederzeit bestellt werden. 
  • Schließlich führt das chinesische Patentamt nach Stellen des Verletzungsantrags selber eine Überprüfung des verletzenden chinesischen Unternehmens durch („raid action“ genannt) und sorgt damit schon im Vorverfahren für eine Beschlagnahme und Sicherstellung der Fälschungen. 

Schlussbemerkung 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass gegen verletzende chinesische Produkte schnell und erfolgreich vorgegangen werden kann, wenn deutsche Unternehmen ihre technischen Neuentwicklungen in China zum Patent anmelden. Darüber hinaus muss aber auch daran gedacht werden, Marken und Geschmacksmuster in China anzumelden. Produktpiraten benutzen häufig die Marken der nachgebauten Produkte. Und mit Geschmacksmustern lassen sich Nachbauten auch dann verhindern, wenn ein Produkt keine neuen technischen Merkmale besitzt. 

Schließlich sollte auch darüber befunden werden, ob über China hinaus im asiatischen Raum Schutzrechte in Ländern wie Indien, Japan, Süd-Korea, Taiwan und Thailand eingereicht werden müssen. 

Zeitsparende Verfolgung von Verletzungen in China außerhalb der Gerichte

Verletzung Schutz Antrag bei
eines Patents für eine Erfindung Intellectual Property Office, IPO/SIPO (Chinesisches Patentamt), Peking
eines Gebrauchsmusters für eine Erfindung
eines Geschmacksmusters für ein Design
einer Marke für einen Namen eines Produktes oder einer Dienstleistung lokal zuständigem AIC/ PSB (Public Security Bureau)
durch unlauteren Wettbewerb gegen identischen Nachbau

 

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Diese Seite wurde zuletzt geändert am 02.06.2008/ WI.
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