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BGH: Urteil vom 05.11.1996 - X ZR 53/94

 

BGH, Urteil vom 05. 11.1996 - X ZR 53/94 (Korrektes Zitat Nr. 1 aus aus dem Aufsatz von Dr. Sieckmann, Der Verwendungsanspruch, GRUR 1998, 85)

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. November 1996 durch den Richter Dr. Jestaedt als Vorsitzenden und die Richter Dr. Broß, Dr. Melullis, Scharen und Keukenschrijver für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19. Januar 1994 verkündete Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats II) des Bundespatentgerichts abgeändert.

Das deutsche Patent 31 02 612 wird dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß die Patentansprüche folgenden Wortlaut erhalten:

2. Verwendung einer Steuervorrichtung einer Dosier- und Mischanlage zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 mit einem Chargenrechner einer Auftragseingabevorrichtung und einer Prozeßablaufsteuerung,

derart,

daß die Prozeßablaufsteuerung (2) den Entleerschieber (17) der Mischanlage (13) während der vom Chargenrechner (1) ermittelten, vor der letzten Charge liegenden Chargen jeweils für eine Leerzeit (x) zur Teilentleerung und bei der letzten, zur Auftragsmenge gehörenden Charge für eine Leerzeit (y) zur vollständigen Entleerung öffnet.

3. Verwendung einer Steuervorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Leerzeiten (x, y) einstellbar sind.

4. Verwendung einer Steuervorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Leerzeit (x) automatisch von der Leistungsaufnahme bzw. Stromaufnahme des Antriebsmotors der Mischanlage gesteuert wird.

5. Verwendung einer Steuervorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Leerzeit (X) von einem Niveautaster in der Mischanlage (13) gesteuert wird.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen, die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsrechtszuges haben die Klägerin 9/10 und die Beklagte 1/10 zu tragen.

Die Beklagte ist Inhaberin des am 27. Januar 1981 angemeldeten deutschen Patents 31 02 612. Das Patent ist mit fünf Ansprüchen erteilt worden, die wie folgt lauten:

1. Verfahren zum Entleeren des Mischbehälters einer Dosier- und Mischanlage, in den aufeinanderfolgend eine die Menge eines Auftrages bildende Anzahl von Chargen einer aus mehreren nach ihrem Gewicht bestimmten Komponenten bestehende Mischung gefüllt und aus dem nach der Mischung einer jeden Charge gemischtes Material abgezogen wird, dadurch gekennzeichnet, daß der Mischbehälter bis zur Mischung der letzten, zur Auftragsmenge gehörenden Charge jeweils nur teilweise und erst nach der Mischung der letzten Charge vollständig entleert wird.

2. Steuervorrichtung einer Dosier- und Mischanlage zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 mit einem Chargenrechner, einer Auftragseingabevorrichtung und einer Prozeßablaufsteuerung, dadurch gekennzeichnet, daß die Prozeßablaufsteuerung (2) den Entleerschieber (17) der Mischanlage (13) während der vom Chargenrechner (1) ermittelten, vor der letzten Charge liegenden Chargen jeweils für eine Leerzeit (x) zur Teilentleerung und bei der letzten zur Auftragsmenge gehörenden Charge für eine Leerzeit (y) zur vollständigen Entleerung öffnet.

3. Steuervorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Leerzeiten (x, Y) einstellbar sind.

4. Steuervorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Leerzeit (x) automatisch von der Leistungsaufnahme bzw. Stromaufnahme des Antriebsmotors der Mischanlage gesteuert wird.

5. Steuervorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Leerzeit (x) von einem Niveautaster in der Mischanlage (13) gesteuert wird.

Mit der Begründung, die Gegenstände des Patents beruhten nicht auf erfinderischer Tätigkeit, hat die Klägerin Nichtigkeitsklage mit dem Ziel erhoben, das Patent in vollem Umfang für nichtig zu erklären. Die Beklagte hat das Streitpatent nur im Umfang der Vorrichtungsansprüche 2 bis 5 verteidigt.

Das Bundespatentgericht hat das deutsche Patent 31 02 612 im Umfang seines Patentanspruchs 1 für nichtig erklärt, im übrigen die Klage abgewiesen und die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie beantragt, das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben und das deutsche Patent 31 02 612 vollständig - auch im Umfang der hilfsweise gestellten Anträge der Beklagten - für nichtig zu erklären.

Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung und beantragt hilfsweise,

a) das Streitpatent mit zwei Nebenansprüchen aufrechtzuerhalten, die jeweils aus den Merkmalen des Patentanspruchs 2 in folgender Fassung bestehen:

1. Steuervorrichtung einer Dosier- und Mischanlage, bei der in einem Mischbehälter aufeinanderfolgend eine die Menge eines Auftrages bildende Anzahl von Chargen einer aus mehreren nach ihrem Gewicht bestimmten Komponenten bestehende Mischung gefüllt und bei der aus diesem nach der Mischung einer jeden Charge gemischtes Material abgezogen wird,

mit einem Chargenrechner, einer Auftragseingabe-vorrichtung und mit einer Prozeßablaufsteuerung, dadurch gekennzeichnet, daß die Prozeßablaufsteuerung (2) den Entleerschieber (17) der Mischanlage (13) während der vom Chargenrechner (1) ermittelten, vor der letzten Charge liegenden Chargen jeweils für eine Leerzeit (x) zur Teilentleerung und bei der letzten, zur Auftragsmenge gehörenden Charge für eine Leerzeit (y) zur vollständigen Entleerung öffnet,

einmal das Merkmal des Anspruchs 4,

daß die Leerzeit (x) automatisch von der Leistungsaufnahme bzw. Stromaufnahme des Antriebsmotors der Mischanlage gesteuert wird (Nebenanspruch 1),

und zum anderen das Merkmal des Anspruchs 5,

daß die Leerzeit (x) von einem Niveautaster in der Mischanlage (13) gesteuert wird (Nebenanspruch 2),

b) das Streitpatent mit folgendem Anspruch 2 und hierauf rückbezogenen Ansprüchen 3, 4 und 5 des Streitpatents aufrechtzuerhalten:

2. Verwendung einer Steuervorrichtung einer Dosierund Mischanlage zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 mit einem Chargenrechner, einer Auftragseingabevorrichtung und mit einer Prozeßablaufsteuerung,

derart,

daß die Prozeßablaufsteuerung (2) den Entleer schieber (17) der Mischanlage (13) während der vom Chargenrechner (1) ermittelten, vor der letzten Charge liegenden Chargen jeweils für eine Leerzeit (x) zur Teilentleerung und bei der letzten, zur Auftragsmenge gehörenden Charge für eine Leerzeit (Y) zur vollständigen Entleerung öffnet.

Einen Antrag zu der von ihr wegen der Kostenentscheidung des Bundespatentgerichts erhobenen Anschlußberufung hat die Beklagte nicht gestellt.

Prof. Dr.-Ing. Fritz Gehbauer, Institut für Maschinenwesen im Baubetrieb der Universität Karlsruhe und Büro für Ingenieurberatung und Management im Baubetrieb, hat im Auftrag des Senats ein schriftliches Gutachten erstattet und dieses in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist die Berufung der Klägerin unbegründet.


1. Das Streitpatent befaßt sich, soweit es von der Beklagten noch verteidigt wird, mit einer Steuervorrichtung zum Entleeren des Mischbehälters einer Dosier- und Mischanlage, wie sie unter anderem zur Herstellung von Beton-Mischungen verwendet wird. Um kleinere wirtschaftliche Mischanlagen benutzen zu können, wird die zu einem Auftrag gehörende Menge an Mischung, beispielsweise diejenige, die von einem Fahrmischer aufgenommen werden kann, jeweils nicht auf einmal, sondern in mehreren Chargen gemischt. Die Patentschrift gibt an, die Befüllung etwa der Trommel eines Fahrmischers sei nach der bisher üblichen Praxis in der Weise geschehen, daß der Mischbehälter jeweils nach Mischung einer Charge entleert worden sei. Bei einem mehrere Chargen umfassenden Auftrag bedeutet dies eine Wiederholung des Entleervorganges. Die Patentschrift bemängelt, daß dies eine beträchtliche Zeit in Anspruch nehme, weil die Entleerung des Mischbehälters sich mit zunehmender Entleerung langsamer vollziehe. Der Fachmann auf dem betreffenden Gebiet weis aufgrund seines Fachwissens, daß dieser Nachteil nicht auftritt, wenn mittels einer Birne gemischt wird1 und auch für übliche Durchlaufmischer, die keine untere Klappe aufweisen, nicht zu besorgen ist. Für sogenannte Tellermischer ist dagegen typisch, daß die Entleerung des Mischbehälters sich mit zunehmender Entleerung langsamer vollzieht. Denn mit fortschreitendem Sinken des Füllstandes im Mischbehälter befindet sich immer weniger Mischgut über der nach unten weisenden Entleeröf fnung und die Mischerarme des Mischbehälters können immer weniger Mischgut erfassen und über die Entleeröffnung bringen.

Das Streitpatent will ohne Qualitätsverlust der Mischung eine schnellere Befüllung des die gesamte Auftragsmenge aufnehmenden Behälters ermöglichen (Sp. 1, Z. 60-62).

Patentanspruch 2 des Streitpatents betrifft eine Steuervorrichtung einer Dosier- und Mischanlage, die folgende Merkmale aufweist:

1. Die Steuervorrichtung dient zur Durchführung folgenden Verfahrens:

a) Eine die Menge eines Auftrages bildende Anzahl von Chargen einer Mischung, die aus mehreren nach ihrem Gewicht bestimmten Komponenten besteht, wird aufeinanderfolgend in den Mischbehälter gefüllt.

b) Nach der Mischung einer jeden Charge wird aus dem Mischbehälter gemischtes Material abgezogen.

c) Der Mischbehälter wird bis zur Mischung der letzten zur Auf tragsmenge gehörenden Charge jeweils nur teilweise und erst nach der Mischung der letzten Charge vollständig entleert.

2. Die Steuervorrichtung hat

a) eine Auftragseingabevorrichtung,

b) einen Chargenrechner, der die vor der letzten Charge liegenden Chargen ermittelt,

c) eine Prozeßablaufsteuerung.

3. Die Prozeßablaufsteuerung öffnet den Entleerschieber der Mischanlage

während der vor der letzten Charge liegenden Chargen jeweils für eine Leerzeit (x) zur Teilentleerung,

b) bei der letzten, zur Auftragsmenge gehörenden Charge für eine Leerzeit (y) zur vollständigen Entleerung.

Diese Lösung nutzt die Erkenntnis, daß die Austragsleistung des Mischbehälters während des einzelnen Entleervorganges mit zunehmender Entleerung abnimmt. Sie schlägt vor, eine Programmablaufsteuerung einzusetzen, welche die bis zur vollständigen Entleerung des Mischbehälters sich immer langsamer vollziehende Entleerung nur einmal, nämlich bei der letzten Charge zuläßt. Nach Mischung aller Mengen eines aus mehreren Chargen bestehenden Auftrages ist die vollständige Entleerung des Mischbehälters geboten. Es ist unwirtschaftlich, eine die Auftragsmenge übersteigende Mischungsmenge zurückzubehalten, weil dieser Rest entsorgt werden müßte; vor allem wenn der nächste zu bearbeitende Auftrag die Mischung anderer Komponenten oder derselben Komponenten mit anderen Gewichtsanteilen erfordert, muß der Mischbehälter vor Beginn der Mischung mit der ersten Charge des neuen Auftrages aber schon deshalb vollständig entleert sein, damit eine Mischung der geforderten Qualität erhalten werden kann. Wenn die Forderung nach vollständiger Entleerung auch unter den Bedingungen der Praxis nicht so weit gehen wird, den Mischbehälter für die Bearbeitung des neuen Auftrages in gereinigtem Zustand zur Verfügung zu stellen, ist hierzu aber erforderlich, daß der Mischbehälter über den Entleerschieber so lange geleert wird, bis er frei von einer Menge ist, die sich störend auf die Qualität der nachfolgenden Mischung auswirken kann. Der Durchschnittsfachmann wird deshalb den vom Streitpatent verwendeten Begriff der vollständigen Entleerung in diesem Sinne und dementsprechend unter ,,Leerzeit (y) zur vollständigen Entleerung" die öffnungszeit verstehen, die unter den Gegebenheiten des jeweiligen Auftrages gewährleistet, daß sich im Mischbehälter keine störende Restmenge mehr befindet.

Während der Mischung der vor der letzten Charge eines Auftrages liegenden Chargen ist die Einhaltung des Qualitätsanspruchs, dem die Lehre des Streitpatents Rechnung tragen soll, dagegen nicht gefährdet, wenn von jeder Charge über dieses tolerierbare Maß hinaus eine gemischte Menge im Mischbehälter verbleibt, weil dieser Rest dieselbe Zusammen-setzung wie die folgende Charge aufweist (vgl. Sp. 2, Z. 3-6). Damit kann nach Mischung der vor der letzten Charge liegenden Chargen jeweils eine Teilmenge (Restmenge) verbleiben und die Leerung des Mischbehälters kann sich auf den sie übersteigenden Teil der Charge beschränken (Teilentleerung) . Dies wiederum erlaubt es, bis auf den letzten Entleervorgang alle einen Auftrag betreffenden Entleervorgänge zu verkürzen, indem bei den vor der letzten Charge des Auftrages liegenden Chargen nur so lange entleert wird, wie sich die Entleerung mit genügender Geschwindigkeit vollzieht. Diese Möglichkeit nutzt die Lehre des Streitpatents (vgl. Sp 1, Z. 67 bis Sp 2, Z. 3), indem sie während der vor der letzten Charge liegenden Chargen eines Auftrages eine Leerzeit (x) zur Teilentleerung anordnet.

Da während der betreffenden Chargen eines Auftrages der Entleerschieber jeweils für die Zeit (x) geöffnet sein soll, müssen patentgemäß die Entleerzeiten während der vor der letzten Charge liegenden Chargen eines Auftrages gleich (nämlich X) sein. Andererseits müssen die gleichen Leerzeiten zur Teilentleerung anders bemessen sein als die Leerzeit zur vollständigen Entleerung (y), weil der Anspruch 2 zur Kennzeichnung der Zeiten unterschiedliche Buchstaben (X, y) verwendet. Die Bemessung der Leerzeit (x) hat dabei so zu erfolgen, daß sie kürzer als die Leerzeit zur vollständigen Entleerung (y) der letzten Charge des betreffenden Auftrages ist. Denn eine vergleichsweise längere Leerzeit (x) würde keine Zeitersparnis bedeuten, sondern im Gegenteil die Entleerung der Menge des betreffenden Auftrages verzögern. Daß die Lehre nach dem Streitpatent dem Fachmann die Notwendigkeit vermittelt, die Leerzeit (x) kürzer als die Leerzeit (y) zu bemessen, hat auch der vom Senat hinzugezogene Sachverständige bestätigt. Innerhalb eines Auftrages dürfe (y) nicht kleiner als (x) sein, weil die erstrebte Ersparnis an Gesamtzeit für die Entleerung der Chargen des Auftrages vom Gegenteil abhänge.

Die Verwendung zweier bestimmter unterschiedlicher Buchstaben im Anspruch offenbart dem Durchschnittsfachmann ferner, daß die Lehre auf einer Bestimmung der beiden Zeiten zur Entleerung beruht, die für jeden Auftrag entsprechend der bei ihm zu beachtenden Gegebenheiten zu treffen ist. Diese Gegebenheiten sind mannigfach; so beeinflussen neben der Konsistenz (Fließfähigkeit) der Mischungen beispielsweise auch Anzahl, Gestalt und Effizienz der Mischerarme des Mischbehälters oder die Anzahl der Chargen, aus der sich der betreffende Auftrag zusammensetzt, die Austragsleistung, wie der gerichtliche Sachverständige auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung erläutert hat. Da mit einer Dosier- und Mischanlage unterschiedliche Aufträge erledigt werden können sollen, ergibt sich eine Vielzahl auftragstypischer Austragsleistungskurven. Deren jeweilige Verläufe stehen auch einem Fachmann nicht von vornherein zur Verfügung, wie der gerichtliche Sachverständige wiederum auf Befragen ebenfalls angegeben hat und wie angesichts der Vielzahl möglicher Parameter auch nicht anzuzweifeln ist. Die jeweiligen Verläufe sind deshalb zunächst zu ermitteln, was allerdings auf einfache Weise erfolgen kann. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit hingewiesen, mittels Stoppuhr und Meßbecher außerhalb des normalen Befüllungsbetriebes zeitabhängig die Mengen zu messen, die aus dem Mischbehälter austreten. Um das angestrebte Ziel zu erreichen, muß sodann für jede so oder in anderer Weise ermittelte Austragsleistungskurve der Zeitpunkt sachgerecht gewählt sein, bis zu dem bezogen auf die Gesamtentleerung der jeweiligen Auftragsmenge die Entleerungsgeschwindigkeit noch einen Zeitvorteil bedeutet. Die Festlegung der jeweiligen Entleerzeiten, vor allem derjenigen zur Teilentleerung, verlangt deshalb nach einer systematischen Einschätzung der jeweiligen Austragsleistungskurve. Wie die Beschreibung in Sp. 2 Z. 1-3 besagt, ist dabei im Hinblick auf die Zeit (x) die jeweilige Austragsleistungskurve zu analysieren und zu bewerten, wie lange sich die Entleerung mit genügender Geschwindigkeit vollzieht. Als Leerzeit (x) ist hiervon ausgehend ein Punkt auf der jeweiligen Austragsleistungskurve zu finden und zu wählen, der einerseits nicht mehr im Bereich liegt, der für eine aufgrund der Analyse als ungenügend erkannte Geschwindigkeit steht, andererseits auch nicht ein zu frühes Schließen des Entleerschiebers bedeuten würde, weil dann bei Beachtung des Nennvolumens des Mischbehälters die nachzufüllenden Chargen zu gering sein würden, was unnötige Chargen mit sich bringen und wiederum verhindern kann, daß die für einen Auftrag erforderliche Gesamtentleerzeit sich verringert. Nach dieser systematischen Ermittlung und Bestimmung der jeweiligen Entleerzeiten sind diese schließlich in das Steuerungssystem einzugeben. Die Prozeßablaufsteuerung gewährleistet dann, daß durch sie für jeden einzelnen Auftrag eine bestimmte Leerzeit (x) zur jeweiligen Teilentleerung und eine bestimmte andere längere Leerzeit (Y) zur vollständigen abschließenden Entleerung definiert und punktgenau wiederholbar gemacht werden kann. Da auch ein Chargenrechner vorhanden sein soll, ist außerdem gewährleistet, daß die Einzelchargen auch nach Zahl und Größe sachgerecht ermittelt werden können. Da die Entleerzeiten (x) systematisch danach bestimmt sind, wie lange eine von dem Chargenrechner ermittelte Charge mit genügender Geschwindigkeit entleerbar ist, ergibt sich auf diese Weise die Möglichkeit, die von der Auftragseingabevorrichtung dem Mischerbehälter als Chargen zugeführten Mengen eines Auftrages als Mischung ohne Qualitätsverlust schneller in den die Auftragsmenge aufnehmenden Behälter zu füllen.

Sowohl mit seinem schriftlichen Gutachten als auch bei seiner Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der gerichtliche Sachverständige bestätigt, daß das Streitpatent dem Fachmann eine Lehre zum technischen Handeln vermittelt, die den vorstehend wiedergegebenen Sinngehalt hat. Auch Prof. Dr.-Ing. Gehbauer hat dabei die Systematisierung der Entleerung jeder die gesamte Auftragsmenge ausmachenden Mischung betont. Hierdurch ergebe sich in definierter und jederzeit wiederholbarer Weise eine - wie er sich ausgedrückt hat - überlappung der Zeiten, die nach dem im Streitpatent mitgeteilten Stand der Technik zur Entleerung der Chargen notwendig gewesen seien.

Da von der Teilentleerung nur die letzte Charge eines Auftrages ausgeschlossen ist, kann dadurch freilich auch eine Erhöhung der zur Erledigung eines Auftrages erforderlichen Anzahl von Chargen notwendig sein. Dies und eine etwa damit verbundene Erhöhung des Energiebedarfs der Dosier- und Mischanlage nimmt die Lehre nach dem Streitpatent ersichtlich in Kauf. Sie kann dies, ohne die Erfüllung der auf schnellere Befüllung des die gesamte Auftragsmenge aufnehmenden Behälters gerichteten Zielsetzung zu gefährden, weil nach der sachverständigen Bewertung durch Prof. Dr.-Ing. Gehbauer beim einzelnen Entleervorgang etwa 50 % (Größenordnung) der Austragszeit eingespart werden kann, wenn die letzten 10 % (Größenordnung) der gemischten Menge im Mischbehälter verbleiben und die Zeit zur Teilentleerung entsprechend vorbestimmt ist. Bei in dieser Weise sinnvoll definierten Verhältnissen ist dann auch eine überfüllung des Mischbehälters nicht notwendig. Bei Beachtung der im Streitpatent offenbarten Lehre kann vielmehr auch und gerade bei Einhaltung der zulässigen Füllmenge des Mischbehälters die Gesamtentleerzeit verkürzt werden.

II. Die Berufung der Klägerin hat Erfolg, soweit mit ihr die Nichtigerklärung der erteilten Vorrichtungsansprüche 2, 3, 4 und 5 erstrebt wird; auch die ebenfalls auf den Schutz 1 einer Vorrichtung gerichteten hilfsweise verteidigten Nebenansprüche enthalten keinen schutzfähigen Gegenstand.

1. Der erteilte Vorrichtungsanspruch 2 erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 1 PatG.

Eine Vorrichtung wird durch ihre räumlich-körperlichen Gestaltungsmerkmale gekennzeichnet. Auf Neuheit, erfinderische Tätigkeit und gewerbliche Anwendbarkeit hin sind deshalb diese und nicht etwa die Zwecke und Funktionen zu überprüfen, die in der Patentschrift genannt sind. War eine Vorrichtung der gelehrten konstruktiven Ausgestaltung bereits bekannt oder dem Fachmann nahegelegt, scheidet mithin der Aussch1ießlichkeitsschutz, den ein Patent gewährt, aus, auch wenn die Zwecke und Funktionen, auf die das Patent abhebt, im Stand der Technik noch nicht verwirklicht waren. Ein solcher Fall ist hier gegeben.

Die räumlich-körperliche Ausgestaltung einer Steuervorrichtung einer Dosier- und Mischanlage nach dem erteilten Vorrichtungsanspruch 2 ist - wie die vorstehenden Ausführungen ergeben - gekennzeichnet durch eine Auftragseingabevorrichtung, einen Chargenrechner und eine Prozeßablaufsteuerung, die den Entleerschieber der Mischanlage in vorbestimmter Weise steuert. Ist die Prozeßablaufsteuerung entsprechend hergerichtet, kann durch sie der Entleerschieber der Mischanlage während der vom Chargenrechner ermittelten, vor der letzten Charge liegenden Chargen jeweils für eine Leerzeit zur Teilentleerung, während der sich die Entleerung bei genügender Geschwindigkeit vollzieht, und bei der letzten, zur Auftragsmenge gehörenden Charge für eine längere Leerzeit zur vollständigen Entleerung öffnen. Im Hinblick auf eine Prozeßablaufsteuerung dieser Herrichtung hat die Klägerin im Berufungsrechtszug unter Vorlage der Ablichtung eines Schaltplans mit Datum 24. August 1972 (Anl. K 1) geltend gemacht, es handele sich um einen Schaltplan für eine Relaissteuerung für eine Betonmischanlage, die bei der Mischanlage 5. eingebaut und mehrere Jahre ohne jede Geheimhaltung auch verwendet worden sei. Steuerungen dieser Art seien damals auch für andere Anlagen gebaut und geliefert worden. Die Beklagte hat diesen Vortrag der Sache nach nicht bestritten. Auch der Sachverständige hat die Existenz einer solchen Relaissteuerung im Stand der Technik bestätigt. Er hat den Schaltplan gemäß Anl. K 1 ferner dahin erläutert, daß aus ihm die Festlegung unterschiedlicher Entleerzeiten zwar nicht ersichtlich sei; vor allem ergebe sich aus ihm auch nicht, daß die zweite, zur abschließenden Entleerung des Mischbehälters vorgesehene Zeit auf eine längere Dauer festgelegt bzw, festzulegen sei als die erste Zeit zur Entleerung der vor der letzten Charge liegenden Chargen; der Schaltplan erlaube aber durchaus, unterschiedliche Zeiten einzustellen. Damit steht fest, daß die bekannte Relaissteuerung bereits für eine patentgemäße Vorrichtung zur Verfügung stand und auch insoweit verwendbar war. Auf Nachfrage des Senats hat der gerichtliche Sachverständige dies ausdrücklich bestätigt.

Dies führt zu der Feststellung, daß auch die Vorrichtung, die Anspruch 2 in der erteilten Fassung unter Schutz stellt, dem Durchschnittsfachmann nahegelegt war.

Im Hinblick auf eine Prozeßablaufsteuerung dieser Herrichtung hat die Klägerin im Berufungsrechtszug unter Vorlage der Ablichtung eines Schaltplans mit Datum 24. August 1972 (Anl. K 1) geltend gemacht, es handele sich um einen Schaltplan für eine Relaissteuerung für eine Betonmischanlage, die bei der Mischanlage 5. eingebaut und mehrere Jahre ohne jede Geheimhaltung auch verwendet worden sei. Steuerungen dieser Art seien damals auch für andere Anlagen gebaut und geliefert worden. Die Beklagte hat diesen Vortrag der Sache nach nicht bestritten. Auch der Sachverständige hat die Existenz einer solchen Relaissteuerung im Stand der Technik bestätigt. Er hat den Schaltplan gemäß Anl. K 1 ferner dahin erläutert, daß aus ihm die Festlegung unterschiedlicher Entleerzeiten zwar nicht ersichtlich sei; vor allem ergebe sich aus ihm auch nicht, daß die zweite, zur abschließenden Entleerung des Mischbehälters vorgesehene Zeit auf eine längere Dauer festgelegt bzw. festzulegen sei als die erste Zeit zur Entleerung der vor der letzten Charge liegenden Chargen; der Schaltplan erlaube aber durchaus, unterschiedliche Zeiten einzustellen. Damit steht fest, daß die bekannte Relaissteuerung bereits für eine patentgemäße Vorrichtung zur Verfügung stand und auch insoweit verwendbar war. Auf Nachfrage des Senats hat der gerichtliche Sachverständige dies ausdrücklich bestätigt.

Dies führt zu der Feststellung, daß auch die Vorrichtung, die Anspruch 2 in der erteilten Fassung unter Schutz stellt, dem Durchschnittsfachmann nahegelegt war.

Nach den Ausführungen des hinzugezogenen Sachverständigen, denen der Senat auch insoweit folgt, ist in Anbetracht der Lehre des Streitpatents Fachmann in der Regel ein Maschinen- oder Maschinenbauingenieur, der - soweit ihn nicht schon sein Studium entsprechend befähigt - von Elektronikern und Regelungstechnikern unterstützt wird und der auch Anregungen von Betreibern von Dosier- und Mischanlagen, von Mischwerken und von Bauunternehmen sowie deren Führungspersonal zugänglich ist.

Einem so qualifizierten Fachmann stand in Anbetracht der bekannten Relaissteuerung die patentgemäße Vorrichtung ohne weiteres zur Verfügung. Denn es ist unstreitig und durch die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen bestätigt, weshalb auch insoweit durchgreifende Zweifel nicht bestehen, daß auch der sonstige apparative Aufbau einer Steuervorrichtung einer Dosier- und Mischanlage, wie ihn Anspruch 2 in der erteilten Fassung beschreibt, vorbekannt war. Das Auffinden der Kombination räumlich-körperlicher Merkmale nach dem erteilten Anspruch 2 konnte so einem einschlägig tätigen bzw. vorgebildeten Diplomingenieur keine Schwierigkeiten bereiten, die er nicht aufgrund seines allgemeinen Fachkönnens hätte meistern können.

2. Die vorstehenden Ausführungen gelten in gleicher Weise sowohl für die erteilten Unteransprüche 3 bis 5 als auch für die - wie schon in erster Instanz - von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten beiden Nebenansprüche, die eine Kombination der Merkmale des erteilten Vorrichtungsanspruchs 2 mit den Merkmalen des erteilten Anspruchs 4 bzw. dem Merkmal des erteilten Anspruchs 5 lehren.

Der Unteranspruch 3 vermittelt die Möglichkeit einer Einstellbarkeit der Leerzeiten, ohne Einzelheiten anzugeben. Dieser Vorschlag bedeutet dem Fachmann mithin lediglich, in ihm möglicher geeigneter Weise für eine Einstellbarkeit zu sorgen. Auch er betrifft damit kein konstruktives Merkmal, das für sich oder in Kombination mit den Merkmalen des erteilten Vorrichtungsanspruchs 2 erfinderische Tätigkeit begründen könnte.

Bezüglich der Merkmale der erteilten Ansprüche 4 und 5 hat der gerichtliche Sachverständige ausgeführt, daß sie dem Durchschnittsfachmann als Einzelkomponenten vertraut gewesen seien. Die Möglichkeit, die vom Antriebsmotor aufgenommene Leistung zur Steuerung zu verwenden, ist zudem druckschriftlich durch die DD-Patentschrift 141 129 bzw. die deutsche offenlegungsschrift 21 24 697 belegt. Ein Niveautaster zur Bestimmung des Standes jedenfalls von Flüssigkeiten war beispielsweise in dem Rororo-Techniklexikon, Band 4, 1972, 5. 704 ff. bereits beschrieben. Da auch eine Steuervorrichtung einer Dosier- und Mischanlage auf Meßgrößen zur Steuerung angewiesen ist, bedurfte es für die Vorschläge nach den erteilten Unteransprüchen 4 und 5 bzw. nach den beiden hilfsweise verteidigten Nebenansprüchen allenfalls noch des Erkennens, daß Leistungsaufnahme bzw. Stromaufnahme oder Niveautaster auch bei einer solchen Anlage einsetzbar seien. Eine derartige Erkenntnis darf einem Durchschnittsfachmann der bereits erwähnten Qualifikation ohne weiteres zugetraut werden. Was die Leistungsaufnahme bzw. Stromaufnahme anbelangt, war diese Erkenntnis zudem erleichtert, weil die druckschriftlichen Entgegenhaltungen ebenfalls das Gebiet des Mischens von verschiedenen Komponenten betreffen. Den Unteransprüchen 4 und 5 bzw. den hilfsweise verteidigten Nebenansprüchen fehlt damit ebenfalls ein Vorschlag, der als solcher oder in Kombination mit den anderen Merkmalen ihrer Lehre erfinderische Qualität verleiht.

III. Mit Erfolg verteidigt die Beklagte das Streitpatent jedoch in der Fassung der hilfsweise geltend gemachten Verwendungsansprüche.

1. Die erstmals in zweiter Instanz geltend gemachten Hilfsanträge sind auf eine Beschränkung des Patentschutzes gerichtet. Während nach der erteilten Fassung der Beklagten grundsätzlich sämtliche Verwendungsmöglichkeiten der beschriebenen Steuervorrichtung vorbehalten waren (BGHZ 112, 140, 156 - Befestigungsvorrichtung II; Sen. Urt. v. 07.11.1978 - X ZR 58/77, GRUR 1979, 149, 151 - Schießbolzen), ist der Schutz der verteidigten Ansprüche nur auf eine bestimmte Verwendung einer Vorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 2 in der erteilten Fassung gerichtet, nämlich auf eine Verwendung der Art, daß die Prozeßablaufsteuerung den Entleerschieber der Mischanlage während der vom Chargenrechner ermittelten, vor der letzten Charge liegenden Chargen jeweils für eine Leerzeit (x) zur Teilentleerung und bei der letzten zur Auftragsmenge gehörenden Charge für eine Leerzeit (y) zur vollständigen Entleerung öffnet.

2. Eine derartige Beschränkung kann der beklagte Patentinhaber im Nichtigkeitsverfahren zulässigerweise vornehmen, wenn die eingeschränkte Lehre im Streitpatent offenbart ist (Sen. Urt. v. 17.09.1987 - X ZR 56/86, GRUR 1988, 287, 288 Abschlußblende, m.w.N.). Das ist hier schon deshalb der Fall, weil der erteilte Anspruch 2 die streitige Verwendung der Steuervorrichtung bezeichnet. In Sp. 1 Z. 67 - Sp. 2 Z. 3 ist diese Verwendung zudem erläutert. Die Offenbarung der Verwendungsmöglichkeit wird auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt.

3. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, die Lehre des auf eine Verwendung der Steuervorrichtung eingeschränkten Anspruchs 2 sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen könne. Der Senat ist vielmehr überzeugt1 daß ein - wie bereits erwähnt qualifizierter - Fachmann die Lehre nach dem verteidigten Anspruch 2 verwirklichen und den von dem streitigen Patent angestrebten Erfolg erreichen kann (vgl. zu dieser Voraussetzung der Offenbarung Sen. Urt. v. 08.12.1983 - X ZR 50/82, GRUR 1984, 272, 273 - Isolierglasscheibenrandfugenfüllvorrichtung). Diese überzeugung hat der Senat aufgrund des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen gewonnen. Obwohl das Patent keine verwertbaren Austragsleistungskurven angibt, hat der gerichtliche Sachverständige an fünf von acht von ihm angenommenen Beispielen aufgezeigt, daß durch eine zur Teilentleerung der vor der letzten Charge liegenden Chargen eines Auftrages verwendete Vorrichtung nach dem Streitpatent eine Befüllung des die gesamte Auftragsmenge aufnehmenden Behälters möglich ist, die schneller vonstatten geht, als wenn das traditionelle Verfahren mit jeweils vollständiger Entleerung jeder Charge benutzt wird. Es errechnen sich Zeitersparnisse von 3,3 bis 17 %. Allerdings kann, wie drei der Berechnungen des Sachverständigen ergeben haben, die Bestimmung der Entleerzeiten auch dazu führen, daß eine Zeitersparnis nicht erreicht wird und die Befüllung sogar längere Zeit beansprucht als bei vollständiger Entleerung jeder Charge. Das bestätigt letztlich jedoch nur die oben vorgenommene Auslegung des Sinngehalts der Lehre des Streitpatents. Der nacharbeitende Fachmann muß danach ganz bestimmte Voraussetzungen schaffen, um den patentgemäßen Erfolg zu erzielen. Er muß, wie die Beispiele des Sachverständigen belegen, bei der Analyse der Austragsleistungskurven sein Augenmerk vor allem auf die nicht entleerte Restmenge legen und muß die Steuerung der Vorrichtung mittels der Leerzeit zur Teilentleerung so wählen, daß der nicht entleerte Rest eine geeignete Menge nicht übersteigt. Der Sachverständige hat dies dahin zusammengefaßt, daß der Benutzer der Lehre selbst herausfinden müsse, ob und unter welchen Einstellungen sich eine Verkürzung der Gesamtaustragszeit ergebe. Die Analyse, Handhabung und Einstellung der dabei zu beachtenden Parameter darf dem oben näher bezeichneten Fachmann ohne weiteres zugetraut werden. Auch der gerichtliche Sachverständige ist ersichtlich davon ausgegangen, daß dies einem Durchschnittsfachmann Schwierigkeiten nicht bereitet, die er mit Hilfe seines ihm zum Anmeldezeitpunkt zur Verfügung stehenden Fachwissens nicht hätte meistern können. Die streitige Lehre ist demnach nicht einem Vorschlag vergleichbar, den ein Durchschnittsfachmann nur mit großen Schwierigkeiten und nicht oder nur durch Zufall ohne vorherige Mißerfolge praktisch verwirklichen kann, und dem deshalb nach der Rechtsprechung des Senats eine ausreichende Offenbarung abgesprochen werden kann (Sen. Urt. v. 04.10.1979 - X ZR 3/76, GRUR 1980, 166 - Doppelaggregat II). Sie ist vielmehr mit hinreichender Aussicht auf Erfolg ausführbar, weil sie eine prinzipielle Lösung für die Verwendung einer Steuervorrichtung einer Dosier- und Mischanlage offenbart, durch die - wie es in Sp. 1 Z. 60-63 heißt - eine schnellere Befüllung des die gesamte Auftragsmenge aufnehmenden Behälters ermöglicht ist. Sie gibt die Richtung an, in der der nacharbeitende Fachmann, ohne eigene erfinderische überlegungen anstellen zu müssen, weiterarbeiten kann (vgl. hierzu Sen. Urt. v. 27.11.1975 - X ZR 29/75, GRUR 1976, 213, 214 - Brillengestelle)

4. Eine Eignung, den angestrebten Erfolg praktisch zu erzielen, kann der Lehre nach dem als Verwendungsanspruch verteidigten Patentanspruch 2 auch nicht abgesprochen werden, wenn - wie die Klägerin behauptet - die Verwendung der Steuervorrichtung wegen Verstoßes gegen DIN 1045 beim Mischen von Frischbeton unzulässig sein sollte. Der Patentschrift kann nicht entnommen werden, daß die offenbarte Lehre Industrienormen genügen solle. Der in der Patentschrift ausdrücklich genannte Zweck, einen Qualitätsverlust der Mischung zu vermeiden, soll vielmehr erreicht werden und wird erreicht, indem sichergestellt ist, daß alle Chargen eines Auftrages dieselbe Zusammensetzung haben (vgl. Sp. 2 Z. 5), und indem zur Zeitersparnis nicht die jeweilige Mischzeit verkürzt zu werden braucht, sondern man sich darauf beschränken kann, die Entleerzeit durch Steuerung in vorbestimmter Weise zu beeinflussen.

5. Der Gegenstand des auf eine Verwendung einer Steuervorrichtung einer Dosier- und Mischanlage eingeschränkten Patentanspruchs 2 war zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht identisch vorbekannt und ist daher neu im Sinne von §7 3 Abs. 1 PatG. Die Neuheit des Verwendungsanspruchs ist auch weder von der Klägerin bestritten noch von dem Sachverständigen in Zweifel gezogen worden.

6. Nach dem Vorbringen der Parteien, dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist der Senat auch überzeugt, daß der Durchschnittsfachmann die Verwendung einer Steuervorrichtung einer Dosier- und Mischanlage nach Maßgabe des verteidigten Anspruchs 2 nicht allein aufgrund seines allgemeinen Fachwissens und -könnens im Stand der Technik hat auffinden können, sondern daß diese Lehre auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

a) Dabei kann bezüglich der bereits in erster Instanz geltend gemachten Vorbenutzungen das als richtig unterstellt werden, was die Klägerin als vorbekannt behauptet hat. Danach war es täglich geübte Praxis bei der Verarbeitung einer Auftragsmenge, die in mehreren Chargen gemischt wurde, den Mischbehälter nicht jedes Mal vollständig auszuleeren, sondern die Rest- und Gesamtentleerung der letzten Charge vorzubehalten. Vor Mischung der letzten Charge eines Auftrages konnten, wie der gerichtliche Sachverständige die bekannte Vorbenutzung beschrieben hat, die Mischmeister den Leervorgang unterbrechen und haben ihn auch unterbrochen, wenn die Austragsleistung bei subjektiver Beobachtung ineffektiv wurde. Darüber hinaus war es aufgrund entsprechender Handhabung bei den Firmen T. G., T. Ge. und N. in Gö. (österreich) bekannt, die Anzeige eines Amperemeters, das zu der Steuereinrichtung für den Betonmischer gehörte, nicht nur als Maß für die Konsistenz des Mischgutes, sondern auch zum manuellen Schließen des Entleerschiebers zu beobachten. Der Entleerschieber wurde geschlossen, sobald die Anzeige des Amperemeters auf einen unteren Grenzwert zurückgegangen war (N. in Gö.); der Mischverschluß wurde so lange offengehalten, bis das Amperemeter einen unteren Grenzwert bzw. vorgegebenen unteren wert erreicht hatte (T. G.); in Abhängigkeit zu der jeweiligen Amperemeteranzeige wurde der Entleerschieber geöffnet bzw. geschlossen, wobei in der Regel bei der Entleerung einer letzten Charge der Mischer länger offengehalten wurde als bei der Entleerung der vorausgegangenen Chargen (T. Ge.).

Die Kenntnisse, die dieser Stand der Technik dem Fachmann insgesamt vermittelte, sind nicht so weitgehend, daß sie eine Anregung hätten geben können, eine Steuervorrichtung in einer Weise zu verwenden, die eine Auttragseingabevorrichtung, einen Chargenrechner und eine ProzeßablaufsSteuerung so zusammenwirken läßt, daß der Entleerschieber während der vor der letzten Charge liegenden Chargen jeweils für eine Leerzeit (x) zur Teilentleerung und bei der letzten zur Auftragsmenge gehörenden Chargen für eine Leerzeit (y) zur vollständigen Entleerung öffnet. Wie ausgeführt, setzt diese Lehre voraus, daß zwei Zeiten (x) und (y) Auftrag für Auftrag definiert werden und aufgrund der definierten Werte die Vorrichtung in Abhängigkeit vom Entleerungszustand für jeden Auftrag über die bestimmte Zeit (x) insbesondere eine bestimmte Menge Mischgut festlegt, die nach dem Mischen der vor der letzten Charge liegenden Chargen im Mischbehälter verbleiben soll. Verläßlichen Hinweis, daß mit Hilfe einer solchen auftragsspezifischen Festlegung durch Verwendung einer Steuervorrichtung einer Dosier- und Mischanlage das Problem zu lösen sei, ohne Qualitätsverlust der Mischung eine schnellere Befüllung des die gesamte Auftragsmenge aufnehmenden Behälters zu ermöglichen, boten die Vorbenutzungen nicht. Die rein händische Beeinflussung des öffnens und Schließens des Entleerschiebers mag eine Verkürzung des einzelnen Entleervorganges aufgezeigt haben, stand aber ansonsten für Beliebigkeit. Die Steuerung der Anlage in G. bewirkte offenbar nicht einmal unterschiedliche Leerzeiten für die letzte Charge einerseits und die vor dieser liegenden Chargen andererseits, weil nur behauptet ist, der Entleerschieber des Mischers sei so lange offengehalten worden, bis die Anzeige des Amperemeters auf einen vorgegebenen unteren Wert abgesunken gewesen sei (NiA 52). Bei der Anlage in Ge. und - angesichts der bezugnehmenden Schilderung der Klägerin wohl auch - bei der Anlage in Gö. soll der Entleerschieber zwar bei der Entleerung einer letzten Charge länger offengehalten worden sein als bei der Entleerung der vorausgegangenen Chargen eines Auftrages. Daß die Vorrichtung verwendet werden könne, damit für jeden Auftrag zwei unterschiedliche Entleerzeiten festgelegt seien, die jederzeitige punktgenaue Wiederholung der Entleerzeiten gewährleisten, trat damit jedoch noch nicht zutage. Wie für die Anlage in Gö. behauptet, interessierte man sich nur dafür, ob die Anzeige des Amperemeters auf einen unteren Grenzwert zurückgegangen war. Weder ist gesagt, nach welchen Kriterien der untere Grenzwert ermittelt war, noch war in Anbetracht der Notwendigkeit manueller Bedienung sichergestellt, daß der Entleerschieber überhaupt in allen Anwendungsfällen nach seinem Erreichen schloß. Eine Zuordnung des Grenzwertes zu einer nach dem jeweiligen Auftrag ausgewählten Entleerzeit bzw. Restmenge ist deshalb nicht annehmbar. Die Klägerin selbst spricht denn auch nur davon, mittels der Amperemeteranzeige sei das Ausmaß der jeweiligen Entleerung zu beobachten gewesen (NiA 53). Die Erfindung verlangt jedoch über die bloße Beobachtung und das Schließen beim Erreichen eines beobachteten Wertes hinaus, den Wert in Abhängigkeit von der gesamten Auftragsmenge, deren Komponenten und Gewichtsanteile und der Leistungsfähigkeit des Mischbehälters sowohl für die letzte Charge festzulegen, damit eine vollständige Entleerung statttindet. als auch für alle vor dieser Charge liegenden Chargen zweckgerichtet zu bestimmen, damit nur so lange entleert wird, wie sich die Entleerung mit genügender Geschwindigkeit vollzieht.

b) Ein Hinweis auf diesen doppelten Bestimmungszwang wurde dem Fachmann auch nicht durch den Schaltplan gemäß Anl. K 1 oder die Ausgestaltung der Anlage in 5. vermittelt.

Auf Befragen im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der gerichtliche Sachverständige angegeben, ein Durchschnittsfachmann sei aufgrund der Schaltungen, die der Plan gemäß Anl. K 1 enthalte, nicht in der Lage gewesen, die im Streitpatent offenbarte Lehre aufzufinden. Die gezeigte Automatisierung beinhalte kaum mehr, als ansonsten die Mischmeister geleistet hätten, weil Hinweise fehlten, die Schaltung zu verwenden, um auf verschiedenen Austragsleistungskurven für die Teilentleerung des Mischbehälters jeweils Zeitwerte außerhalb des bisher gehandhabten Bereichs sinnvoll zu bestimmen, so daß sich ein Zeitgewinn bei der Entleerung des jeweiligen Auftrages ergebe. Auch die Klägerin hat Gründe nicht aufgezeigt, warum dieser Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen nicht zu folgen sei. Ihre Darlegung, die zweite, durch die Schaltung dokumentierte Entleerzeit könne nur länger sein als die wiederholt stattfindenden ersten Entleerzeiten, spricht nur für die Möglichkeit unterschiedlicher Leerzeiten, besagt aber nichts in Richtung der Systematisierung der sich die Lehre nach dem Streitpatent bedient. Im übrigen ergibt sich aus der Schaltung gemäß Anl. K 1 nicht einmal ein Zwang, die zweite Entleerzeit länger als die erste einzustellen. Wie der gerichtliche 5achverständige bestätigt hat, konnte die zweite Zeit durchaus auch kürzer gewählt sein, etwa dann, wenn die letzte Charge eines Auftrages kleiner als die vorhergehenden Chargen war.

Unter diesen Umständen ist auch die Behauptung der Klägerin nicht entscheidungserheblich, wonach unter anderem beim Betrieb einer bei S. in 0. jahrelang ohne Geheimhaltung verwendeten Betonmischanlage zur Ausführung eines mehrere Chargen umfassenden Auftrages die Entleerzeit für den Entleerschieber bei der letzten Charge größer gewählt wurde als die Entleerzeiten für die dieser letzten Charge vorausgehenden Mischchargen. Denn die im Streitpatent offenbarte Lehre ist nicht allein durch unterschiedliche Leerzeiten für die letzte, zur Auftragsmenge gehörende Charge einerseits und die davor liegenden Chargen andererseits gekennzeichnet. Die verwendeten Leerzeiten müssen vielmehr eine bestimmte Qualität haben; sie müssen einerseits eine vollständige Entleerung gewährleisten (Leerzeit (y)) und dürfen andererseits nur eine auftragsspezifisch vorbestimmte Teilentleerung erlauben (Leerzeit (x)) . Daß letzteres Kriterium bei der Steuervorrichtung in 0. verwirklicht gewesen sei, behauptet die Klägerin jedoch nicht. Nach ihrem Vortrag scheint die angebliche Vorbenutzung - wie die Klägerin es auch für die eigene mit der Verletzungsklage beanstandete Vorrichtung behauptet - dem in Sp. 1 Z. 44-58 geschilderten Stand der Technik entsprochen zu haben und die verlängerte Entleerzeit bei der letzten Charge gleichsam nur aus Sicherheitsgründen gesteuert worden zu sein, um in allen Anwendungsfällen wirklich Gewähr zu haben, daß auch alle Restteile aus dem Mischbehälter entfernt sind.

c) Zu berücksichtigen ist dagegen, daß allenthalben ein Zeitgewinn, der ohne Qualitätsverlust möglich ist, angestrebt wird. Da bei der Entleerzeit anders als bei der Zeit zum Mischen Fragen der Qualität einer Mischung nicht im Vordergrund stehen, mußte sich bei Dosier- und Mischanlagen das Bedürfnis, mögliche Zeitersparnisse zu nutzen, vor allem auf die Befüllung des die gesamte Auftragsmenge aufnehmenden Behälters konzentrieren. Wenn gleichwohl - wie es hinsichtlich des Streitpatents der Fall war - eine Lösung, die definierte und nicht bloß mehr oder minder zufällige Vorteile gerade bei der Entleerung gewährleistet, lange Zeit nicht gefunden wurde, so bestätigt dies, daß es zum Auffinden des verteidigten Verwendungsanspruchs 2 einer auf Systematik bauenden Konzeption bedurfte, die kritische Auswertung der maßgeblichen Vorgänge und ein übergeordnetes Urteilsvermögen voraussetzte, was auch bei einem Fachmann der hier gegebenen Qualifikation keine Routine darstellt. In der Gesamtschau führt dies zu der Feststellung, daß der verteidigte Verwendungsanspruch 2 auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

d) Auch der hinzugezogene Sachverständige hat eine erfinderische Leistung bejaht, die über die bloße Automatisierung offenkundiger Vorbenutzungen hinausgeht. Danach unterscheidet sich die Lehre von den Vorbenutzungen dadurch, daß über die in Anspruch 4 als bevorzugt genannte Motorleistung und/oder über den in Anspruch 5 als bevorzugt genannten Niveautaster die Steuerung erstmals systematisch zur Bestimmung einer Teilentleerzeit herangezogen wird.

e) Der Patentfähigkeit der Lehre nach dem verteidigten Verwendungsanspruch 2 steht auch nicht der im Verlauf des Nichtigkeitsverfahrens von den Parteien erörterte druckschriftliche Stand der Technik entgegen. Eine überprüfung der im angefochtenen Urteil angegebenen vorveröffentlichten Druckschriften (Patentschriften, Offenlegungsschriften, Auslegeschriften und Techniklexikon) ergibt - wie auch der gerichtliche Sachverständige festgestellt hat -, daß sie nicht die Entleerzeiten und ihre Festlegung und Verwendung, sondern die Beeinflussung der während des Mischens maßgeblichen Vorgänge oder gar nur eine Regeleinrichtung als solche betreffen. Eine Anregung zu der patentgemäßen Lehre konnten sie deshalb auch bei Berücksichtigung der behaupteten Vorbenutzungen dem Fachmann nicht bieten.

IV. Die auf den Verwendungsanspruch 2 als Hauptanspruch rückbezogenen Unteransprüche 3 bis 5 haben mit dem übergeordneten Patentanspruch Bestand.

V Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 110 Abs. 3 Satz 1 PatG in Verbindung mit §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO und, weil die Beklagte ihre Anschlußberufung nicht weiterverfolgt hat, was der Senat als Rücknahme wertet, mit § 515 Abs. 3 Satz 1 ZPO.
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Lesen Sie hierzu: Der Verwendungsanspruch (Dr. R. Sieckmann, GRUR 1998, S. 85 ff.)

 

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