Anmeldungen zum Gemeinschaftspatent frühestens 2008

 

Der Rat "Wettbewerbsfähigkeit" der EU erzielte am 3. März 2003 Einvernehmen über die Schaffung eines Gemeinschaftspatents auf der Grundlage eines Kompromissvorschlages des griechischen Ratsvorsitzes.

Nach dem Gemeinschaftspatentübereinkommen -GPÜ- wird durch eine einzige Patentanmeldung Patentschutz in allen EU-Staaten im Rahmen eines einheitlichen EU-Patents erreicht. Das Gemeinschaftspatentübereinkommen ist ein Sonderabkommen zum Europäischen Patentübereinkommen -EPÜ- (Europäisches Patent). Im Unterschied zum Europäischen Patent können beim Gemeinschaftspatent nicht einzelne Länder ausgewählt werden, sondern durch das Gemeinschaftspatent kann Schutz nur in allen 25 Ländern* der EU zugleich erhalten werden.

*15 Länder der EU vor der Erweiterung: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien
10 Länder, die durch die nächste Erweiterung hinzu kommen: Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern

Laut der Vereinbarung müssen Patentanmeldungen in einer der drei Amtssprachen des Europäischen Patentamts (EPA), d. h. in Englisch, Französisch oder Deutsch, eingereicht werden. Es kann jedoch auch eine Nicht-EPA-Sprache verwendet werden, wenn eine Übersetzung nachgereicht wird.

Das EPA erhält eine zentrale Rolle bei der Verwaltung von Gemeinschaftspatenten. Es ist allein zuständig für die Prüfung der Anträge und die Erteilung von Gemeinschaftspatenten.

Nationale Patentämter, die in einer der drei EPA-Sprachen arbeiten und die viel Erfahrung in der engen Zusammenarbeit mit dem EPA haben, können auch Recherchearbeiten im Auftrag des EPA durchführen, wenn sie dies wünschen. Dies unterstützt die nationalen Ämter, die eine kritische Masse beibehalten wollen. Es werden auch Bestimmungen erfolgen, um andere nationale Patentämter in Rechercheaktivitäten einzubinden, sollte es aus Kapazitätsgründen Probleme mit der Erteilung von Gemeinschaftspatenten geben.

Sobald ein Patent erteilt wurde, muss der Patentinhaber eine Übersetzung der Ansprüche in alle Amtssprachen der Gemeinschaft (nach der Erweiterung der EU sind dies 20 Sprachen in 25 Ländern) einreichen.

Die Übersetzung aller Ansprüche in die übrigen 19 Amtssprachen der erweiterten EU wird nach unseren Erfahrungen aufgrund der zum Teil recht seltenen Sprachen ca. 10.000 EUR kosten, so dass das Gemeinschaftspatent teurer sein wird, als ein Europäisches Patent mit den oft acht gewählten Ländern.

Die Kommission rechnet für die Übersetzungen mit niedrigeren Kosten wie die folgende Kostenabschätzung der Kommission (bei 10 Jahren Aufrechterhaltung) zeigt:

Übersetzungen ca. 4.845,-- EUR
Amtskosten ca. 4.300,-- EUR
Vertreterkosten ca. 5.500,-- EUR
Jahresgebühren ca. 8.500,-- EUR
Gesamt ca. 23.145,-- EUR

Die Kommission scheint hierbei nicht berücksichtigt zu haben, dass die 19 Übersetzungen von Patentanwälten sorgfältig geprüft werden müssen, so dass einschließlich der oben genannten höheren Übersetzungskosten die Gesamtkosten eher bei ca. EUR 30.000,- liegen werden.

Es stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, bei allen Gemeinschaftspatenten (jährlich ca. 20 Tausend erteilte Patente, die zu ca. 400 Tausend Übersetzungen führen) die Ansprüche in Sprachen wie Maltesisch oder Estnisch zu übersetzen, die nur von wenigen Menschen (Malta hat 380 Tausend Einwohner, Estland hat 1,4 Millionen Einwohner) gesprochen werden. Wo sollen Hunderte von Fachübersetzern gefunden werden, die solch seltene Sprachen auf dem Patentsektor beherrschen?

Die Minister einigten sich auf die Schaffung eines einzigen Gerichts, das "Gemeinschaftspatentgericht" genannt wird und eine einheitliche Rechtsprechung garantieren soll. Klagen in Nichtigkeits- und Verletzungsverfahren werden vor dem Gemeinschaftspatentgericht ausgetragen, das bis spätestens 2010 eingerichtet sein wird. Das Gemeinschaftspatentgericht hat seinen Sitz in Luxemburg beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (EuG) und ist diesem angeschlossen. Die Sprache des Gerichtsverfahrens ist die des Mitgliedstaats, in dem der Beklagte seinen Sitz hat, es sei denn die Verwendung einer anderen Sprache wird beantragt und das Gemeinschaftspatentgericht stimmt dem zu.

Bis zur Schaffung des Gemeinschaftspatentgerichts benennt jeder Mitgliedstaat eine Reihe von nationalen Gerichten, die zwischenzeitlich für die Rechtsprechung zuständig sind.

Es wird damit gerechnet, dass frühestens im Jahre 2008 Gemeinschaftspatentanmeldungen beim Europäischen Patentamt eingereicht werden können. Zuvor bedarf es folgender Schritte:

  • Zunächst muss die grundsätzliche Einigung textlich in die verschiedenen Rechtsakte (Gemeinschaftsverordnung, Gerichtsbarkeit, EPÜ-Revision) umgesetzt werden. Die angepassten Texte werden frühestens vor der Sommerpause 2003 vorliegen.
  • Nach der Sommerpause beginnen die Beratungen in der Ratsgruppe. Die Gemeinschaftspatent-Verordnung soll bis Ende dieses Jahres verabschiedet werden.
  • Die Vorschläge zur Gerichtsbarkeit, die aus mehreren Ratsbeschlüssen bestehen, werden kaum vor April nächsten Jahres realisiert werden können. Die Überleitung der Kompetenz nach Artikel 229 a BGV zur Schaffung einer Gemeinschaftsgerichtsbarkeit im Bereich des Geistigen Eigentums bedarf eines einstimmigen Ratsbeschlusses. Er muss anschließend von allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden.
  • Zur Anpassung des europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) soll im Juni eine Diplomatische Konferenz einberufen werden, die die nötigen Änderungen im Frühjahr 2004 beschließen könnte.
  • Anschließend muss die EPÜ-Revision von allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden. In der Kommission schätzt man, dass dies 4 bis 5 Jahre dauern wird.
Vergleich: Europäisches Patent mit Gemeinschaftspatent
Europäisches Patent Gemeinschaftspatent

Nach der Erteilung:

Ein Bündel nationaler Patente

Nach der Erteilung:

Ein einheitliches Patent

Nach der Erteilung gilt

das jeweilige nationale Recht

Nach der Erteilung gilt

autonomes EU-Recht

Verwaltung durch

das jeweilige nationale Amt

Verwaltung durch

das Europäische Patentamt

Verletzungsstreit und Nichtigkeitsklage

vor nationalen Gerichten
(Sprache nach der Amtssprache des zuständigen nationalen Gerichts)

Verletzungsstreit und Nichtigkeitsklage

vor EU-Gericht (EUG1)
(Sprache nach Wohnsitz des Beklagten)

Übersetzung

der Ansprüche und der Beschreibung in die jeweilige Landessprache

Übersetzung

der Ansprüche in alle 18 Sprachen

 

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