Die "provisorische Patentanmeldung" wurde von
Patentanwalt Dr. H.B. Cohausz
1992 in Deutschland eingeführt, um vorläufig einen wirksamen Schutz neuer
technischer Ideen und Entwicklungsergebnisse auch dann zu erreichen, wenn für
eine patentanwaltliche Beratung nicht genügend Geld zur Verfügung steht.
Die provisorische Patentanmeldung kann von einem Erfinder ausgearbeitet werden und
hat folgende Vorteile:
1. Sie bewirkt einen ersten vorläufigen Schutz auf Grund eines frühen Anmeldetages,
so daß sichergestellt ist,
daß Dritte dem Erfinder durch Veröffentlichungen
nicht mehr zuvor kommen können,
daß Dritte dem Erfinder durch Patent- oder
Gebrauchsmusteranmeldungen nicht
mehr zuvor kommen können,
daß der Erfinder durch eigene Vorveröffentlichungen
(z.B. durch Anbieten oder Vorzeigen)
eigene Patentanmeldungen im In- und Ausland nicht verhindert,
daß der Erfinder Verwertern die technische Idee / das
Entwicklungsergebnis gefahrlos anbieten kann.
2. Sie führt innerhalb weniger Monate zu einem vom Deutschen Patent- und Markenamt
erarbeiteten, international anerkannten Rechercheergebnis, das dem Erfinder hilft, die
Neuheit und den technischen Abstand seiner Erfindung gegenüber dem Stand der Technik
zu beurteilen.
3. Es sind nur geringe Kosten aufzuwenden. Das Deutsche Patent- und Markenamt berechnet
derzeit für eine Patentanmeldung EUR 60,-, für die Recherche EUR 250,-.
Die Gesamtsumme ist somit nur EUR 310,-.
4. Die provisorische Patentanmeldung ermöglicht es, viele technische Ideen zum Patent
anzumelden ohne hohe Kosten befürchten zu müssen. Die Kosten schrecken nicht mehr ab,
so daß mehr Erfindungen gesichert und verwertet werden können.
5. Von der provisorischen Patentanmeldung kann innerhalb von 12 Monaten die Priorität
für eine zweite formal fehlerfreie Patentanmeldung beansprucht werden, so daß die
zweite Patentanmeldung sozusagen den Anmeldetag der ersten Patentanmeldung besitzt. In die
zweite Patenanmeldung können sogar weitere Ideen und Alternativen eingebracht werden,
für die aber der Anmeldetag der zweiten Anmeldung gilt. Die zweite Patentanmeldung muß
jedoch von einem Fachmann (Patentanwalt) ausgearbeitet werden, um Fehler zu vermeiden.
6. Es werden ca. 9-10 Monate gewonnen, um herauszufinden, ob es sich lohnt die Kosten
für einen Patentanwalt aufzuwenden.
Nachteile sind nur dann zu erwarten, wenn den Anleitungen und Hinweisen in der Broschüre
nicht gefolgt wird.
Die provisorische Patentanmeldung wird besonders folgenden Gruppen nützlich sein:
- Wissenschaftlern
- Studenten
- Schülern
- Freien Erfindern
- Existenzgründern
die jeweils unter engen finanziellen Zwängen stehen. Sollte ein Patentanwalt nicht
bezahlt werden können, so besteht neben einer provisorische Patentanmeldung kaum eine
Alternative, da nicht dazu geraten werden kann, keinen Schutz zu erwirken und die Erfindung
frei werden zu lassen. Erfindungen werden zwar durch Patentstellen gefördert, hierdurch
werden aber zu wenige erfaßt.
Durch die provisorische Patentanmeldung werden technische Neuentwicklungen geschützt,
die ohne die "provisorische Anmeldung" nicht angemeldet würden. Durch die
provisorische Patentanmeldung werden somit neue Kreise für den Patentschutz erschlossen.
Schüler, Studenten, Wissenschaftler und freie Erfinder lernen mit Patenten umzugehen.
Dies ist für Wirtschaft und Forschung ohne Zweifel von Bedeutung.
Dagegen ist die provisorische Patentanmeldung für solche Fälle nicht gedacht, bei
denen aufgrund eigenen Vermögens oder Förderung z.B. einer Patentstelle genügend
finanzielle Mittel (ca. EUR 3000,-) zur Verfügung stehen, um einen Patentanwalt von vornherein
mit dem Ausarbeiten einer Patentanmeldung beauftragen zu können.
Argumente gegen die provisorische Patentanmeldung:
1. Veröffentlichung weiterer Ideen
Nachdem die erste Patentanmeldung eingereicht wurde geschieht es häufig, daß der
Erfinder weitere Ideen und Verbesserungen zur ersten Anmeldung hat. Diese können in die
zweite Patentanmeldung eingefügt werden, wenn sie bis dahin geheim gehalten wurden. Hierzu
wird behauptet, daß manche Erfinder hierauf nicht achten und die Weiterentwicklungen
vorzeitig veröffentlichen.
Dies ist kein spezifisches Problem einer provisorischen Patentanmeldung, sondern es war auch
bisher vor einer Zweitanmeldung (z.B. vor Auslandsanmeldungen oder vor Patentanmeldungen mit
innerer Priorität) darauf zu achten, daß Weiterentwicklungen geheim gehalten werden,
bis sie durch die Zweitanmeldung eingereicht wurden.
Die meisten Erfinder wissen, daß neue Ideen geheim gehalten werden müssen, bis sie
angemeldet sind. Zudem wird auf das Erfordernis einer Geheimhaltung von Weiterentwicklungen
in der Broschüre zweimal hingewiesen.
2. Erweiterung des Hauptanspruchs über die ursprüngliche Offenbarung
Gegen die provisorische Patentanmeldung wird vorgebracht, daß bei einer Erweiterung der
zweiten Anmeldung über die ursprüngliche Offenbarung hinaus das Problem bestehe,
daß gemäß der neuen Rechtsprechung des
Europäischen Patentamtes die Inanspruchnahme der Priorität vollständig entfällt,
wenn in dem Hauptanspruch der zweiten Anmeldung ein neues Merkmal mit hinein genommen wird, das
in der ersten Anmeldung nicht enthalten war. Zu diesem Fall wird die Behauptung aufgestellt,
daß hier die provisorische Patentanmeldung bedenklich sei.
Dies ist nicht richtig, da der mit der zweiten professionellen Patentanmeldung befaßte
Patentanwalt weiß, wie er hiermit umzugehen hat. Es gibt hierzu zwei Fälle:
a) Der übliche Fall
Die neuen Merkmale sind nur eine Weiterentwicklung der alten Merkmale. Dann ist es nicht
erforderlich ein neues Merkmal in den Hauptanspruch hineinzubringen, da der Hauptanspruch die
neuen Merkmale bereits mit umfaßt.
b) Der seltene Fall
Die neuen Merkmale sind soweit von der ursprünglichen Erfindung entfernt, daß es
notwendig würde, den Anspruch 1 breiter zu formulieren, damit die neuen Merkmale mit
umfaßt sind. In diesem Fall kann der Patentanwalt eine Teilung der Anmeldung durchführen,
d. h. die neuen Merkmale werden in einer abgeteilten neuen Anmeldung weiter geführt, zumal
die neuen Merkmale nicht die Priorität der ersten alten Anmeldung beanspruchen können.
Alternativ können aber auch die neuen Merkmale in einem Nebenanspruch (zweiter Hauptanspruch)
weitergeführt werden.
Sollte sich in dem zweiten Fall herausstellen, daß die neuen Merkmale die einzig richtige
Lösung und die ursprünglichen Merkmale dem Erfinder nicht mehr wichtig sind, dann kann
es sogar angebracht sein, auf die ursprünglichen alten Merkmale zu verzichten und in der
zweiten Anmeldung nur noch die neuen Merkmale weiter zu führen. Eine abgeteilte zweite
Anmeldung ist dann nicht erforderlich. Es ist aber zu beachten, daß eine Veröffentlichung
der ersten Anmeldung durch ein rechtzeitiges Zurückziehen der ersten Anmeldung verhindert wird,
damit diese der zweiten nicht neuheitsschädlich entgegen steht.
Mit diesen Problemen ist aber nicht der Erfinder sondern der Patentanwalt befaßt. In der
Broschüre wird mehrmals dringend empfohlen, zum Ausarbeiten und Einreichen der zweiten
Anmeldung einen Patentanwalt zu beauftragen. Ein Patentanwalt ist erfahren genug, um hier richtig
zu handeln.
3. Ansprüche der ersten Patentanmeldung sind nicht breit genug.
Es wird behauptet, ein Laie habe nicht die Erfahrung ausreichend breite Patentansprüche zu
formulieren. Dies ist an sich richtig, aber nicht notwendig.
Ein eine provisorische Patentanmeldung ausarbeitender Erfinder braucht keine breiten
Ansprüche zu formulieren, da dies in der zweiten Anmeldung nachgeholt werden kann.
Der Erfinder kann in der ersten Anmeldung die Ansprüche sogar völlig weglassen,
da eine beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung Ansprüche
nicht enthalten muß. Vielmehr können diese später nachgeholt werden.
Viel wichtiger ist es, daß der Erfinder in die erste provisorische Patentanmeldung
so viele technische Alternativen und Vorteile wie erdenklich möglich hineinbringt.
Dies wird in der Broschüre mehrfach erwähnt.
4. Die provisorische Patentanmeldung als Patentlösung
Schließlich wird behauptet, Erfinder würden durch die provisorische Patentanmeldung
verleitet, Patentanmeldungen ohne Patentanwalt zu formulieren und einzureichen, obwohl sie die
finanziellen Mittel für einen Patentanwalt haben, da sie eine provisorische Patentanmeldung
für eine Art Patentlösung halten, die in jedem Fall anwendbar sei.
Sicherlich kann eine solche Handlungsweise nicht ganz verhindert werden, aber es wurde und wird
immer wieder darauf hingewiesen, daß eine provisorische Patentanmeldung eine Lösung
ist, die nur im Notfall verwendet werden sollte. Die provisorische Patentanmeldung wurde
ursprünglich für Jugend-forscht-Schüler entwickelt, die einen Patentanwalt
nicht bezahlen können. Erst später wurde sie von erwachsenen Erfindern entdeckt,
die auch kein Geld für einen Patentanwalt haben. Dies sind insbesondere Studenten und
ein geringer Teil der freien Erfinder und Wissenschaftler. Für Erfinder mit ausreichenden
Mitteln ist die provisorische Patentanmeldung nicht gedacht.
Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß das US-Patentrecht seit 1995 eine
ähnliche Einrichtung in Form der "provisional application" kennt, bei der nach 35 USC
§ 111 (b) eine Patentanmeldung ohne Ansprüche eingereicht werden kann, um Laien
das Einreichen von Patentanmeldungen zu erleichtern. Innerhalb von 12 Monaten muß
eine formal korrekte Patentanmeldung eingereicht werden, da die provisorische Patentanmeldung
nach 12 Monaten verfällt. Provisorische Patentanmeldungen werden vom US-Patentamt nicht
geprüft.