Kann aus Patentstatistiken auf die Innovationskraft eines Landes geschlossen werden?
Ja, dies ist möglich und es zeigt sich, dass Deutschland hinter Japan an zweiter Stelle liegt.
Patentanmeldungen sind bezüglich der Innovationskraft dann aussagekräftig, wenn
diejenigen Patentanmeldungen gezählt werden, die Inländer bei ihrem jeweiligen
nationalen Patentamt einreichen. Hierbei wird der Umstand genutzt, dass Unternehmen
und freie Erfinder ihre neue technische Entwicklung üblicherweise zuerst bei einem
inländischen Patentamt anmelden um dann innerhalb eines Jahres dieselbe Erfindung
im Ausland einzureichen, wenn sich herausgestellt hat, dass die Erfindung neu und marktfähig ist.
Bisher wurden in der Statistik Patentanmeldungszahlen verschiedener Länder verglichen,
ohne auf die unterschiedlichen Größen der Länder Rücksicht zu nehmen. Es müssen aber
die Patentanmeldungszahlen der USA schon allein deshalb größer sein als die Deutschlands,
da die Bevölkerung und damit auch die Anzahl der Ingenieure in den USA wesentlich größer ist.
Die Patentstatistiken verschiedener Länder sind also nur dann aussagekräftig, wenn die
Anmeldungszahlen entsprechend der Bevölkerung, das heißt z.B.
pro eine Millionen Einwohner
angegeben werden.
Das Diagramm zeigt vergleichbare Zahlen zu den Ländern Japan, Deutschland, den USA,
Großbritannien und Frankreich. Ein erster Blick auf das Diagramm bringt die seit langem
bekannte Erkenntnis, dass in Japan der Patentschutz wesentlich stärker genutzt wird als in
anderen Industrieländern. Dies wird häufig dadurch erklärt, dass das japanische Patentamt
höhere Anforderungen an die Einheitlichkeit einer Patentanmeldung stellt als Patentämter
anderer Länder. Es ist deshalb in Japan eher erforderlich, unterschiedliche technische
Lösungen einer Aufgabe in mehrere Patentanmeldungen zufassen. Es kann somit davon
ausgegangen werden, dass in Japan doppelt so viele Patentanmeldungen eingereicht
werden müssen wie z.B. in Deutschland. Deshalb ist es realistisch, die Patentanmeldungszahlen
des japanischen Patentamtes zu halbieren. Wird dies getan, so ist die Anmeldungstätigkeit
der Japaner aber immer noch mehr als doppelt so hoch wie die der Deutschen. Die Japaner
sind also weiterhin vorbildlich in ihrer Anmeldungstätigkeit.
Dem Diagramm kann ferner entnommen werden, dass nach Japan in Deutschland die meisten
Patentanmeldungen pro Bevölkerung eingereicht werden. Die Deutschen reichen relativ mehr
Patentanmeldungen ein als in den USA und wesentlich mehr als in Großbritannien und Frankreich.
Somit kann die erfreuliche Aussage gemacht werden, dass nach den Japanern die Deutschen
die meisten Erfindungen tätigen und dementsprechend den Patentschutz am häufigsten nutzen.
Auch wenn die Amerikaner als äußert innovativ gelten, so übertreffen die Patentanmeldungszahlen
der Deutschen diese um ein Beträchtliches.
Ferner zeigt das Diagramm, dass in den letzten zehn Jahren in den meisten Ländern die
Patentanmeldungszahlen gestiegen sind. Es wird von den Unternehmen immer mehr erkannt,
dass neue technische Entwicklungen geschützt werden müssen um Markterfolge erreichen zu können.
Interessanterweise kann dem Diagramm entnommen werden, dass ein Rückgang der
deutschen Patentanmeldungszahlen 1991 erfolgte. Hier wirkt sich die Wiedervereinigung
Deutschlands aus. 1991 wuchs die Bevölkerung der Bundesrepublik um 18 Millionen Einwohner
ohne gleichzeitig neue Patentanmeldungen aus den neuen Ländern zu erhalten. Dies wurde
aber in den folgenden Jahren aufgeholt.
© 2001 Patentanwalt Dr.-Ing. H. B. Cohausz
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