Technische Ideen prüfen, schützen und verwerten - eine praxisnahe Anleitung

Teil B: Technische Ideen schützen

 

Schutzrecht wählen
Was kann ich
selber tun?

In der Regel kann die Schutzrechtsart ohne fremde Hilfe gewählt werden:
- Das Patent für technische Ideen, Entwicklungen und Verfahren.
- Das Gebrauchsmuster, das dem Patent ähnlich ist, eine kürzere Laufzeit hat und nicht in allen Ländern gewährt wird.
- Das Geschmacksmuster für die äußere Gestalt eines Produktes (auch für zweidimensionale Erzeugnisse wie Muster von Stoffen und Tapeten, Bilder, Prospektseiten, Etiketten).
- Die Marke für den Namen einer Ware oder einer Dienstleistung.

Was sollte in Auftrag gegeben werden?

Jedes Unternehmen sollte eine an das Unternehmen angepaßte Patentstrategie haben, die für mehrere Jahre gilt. Diese sollte von einem Patentanwalt ausgearbeitet werden und zumindestens folgende Themen enthalten:
- In welchen technischen Bereichen bevorzugt anmelden?
- Welche Schutzrechte sollten bevorzugt gewählt werden?
- Konkurrenzüberwachung?
- In welchen ausländischen Staaten sollte angemeldet werden?
- Wie hoch ist der Schutzrechtsetat?
- Arbeits-, Kosten und Personalumfang der Patentabteilung?
- Wie ist mit Lizenznahme und -vergabe umzugehen?

Was ist später zu beachten?

In vielen Ländern ist es möglich, später noch die Schutzrechtsart zu wechseln. So kann eine Patentanmeldung in eine Gebrauchsmusteranmeldung umgewandelt oder ein Gebrauchsmuster abgezweigt werden.

Welche Fehler vermeiden?

Häufig wird versäumt eine technische Entwicklung durch zwei oder drei Schutzrechte gleichzeitig zu schützen, z. B. durch ein Patent und ein Geschmacksmuster und eine Marke. Zusätzliche Schutzrechte können ein neues Produkt oder Verfahren besser auf dem Markt stützen.

Anmeldung ausarbeiten
Was kann ich
selber tun?

Grundsätzlich sollte mit dem Ausarbeiten einer Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldung ein Patentanwalt beauftragt werden. Je mehr dem Patentanwalt zugearbeitet wird, desto höher wird die Qualität und der Schutzumfang eines Schutzrechtes. Folgende Informationen sollten dem Patentanwalt gegeben werden:
- Ausführliche Erläuterungen zum Stand der Technik,
- umfangreiche Informationen zur Erfindung,
- viele Alternativlösungen,
- eine Liste aller Vorteile und
- Zeichnungen zur Erfindung, auch für die Alternativlösungen

In Ausnahmefällen kann eine Patentanmeldung auch ohne Patentanwalt ausgearbeitet und eingereicht werden. Dies ist angebracht, wenn für einen Patentanwalt die finanziellen Mittel nicht bestehen, wie dies bei Wissenschaftlern, Studenten und Schülern der Fall sein kann (siehe "Provisorische Patentanmeldung") Es sollte aber vor dem eigenen Ausarbeiten einer Patentanmeldung versucht werden, finanzielle Mittel für eine patentanwaltliche Beratung bei Verwertungsinstituten und Fördermaßnahmen zu suchen.

Was sollte in Auftrag gegeben werden?

Anmeldungen zum Patent, Gebrauchsmuster und Geschmacksmuster sowie Markenanmeldungen sollten möglichst nur von Patentanwälten durchgeführt werden, um einen breiten Schutzumfang zu erreichen. Wird ein Patentanwalt zur Beratung und zum Ausarbeiten einer Anmeldung benötigt, so ist zu beachten, daß ein Patentanwalt gesucht wird, der das technische Gebiet beherrscht, in dem die Erfindung liegt. So gibt es z.B. Patentanwälte, die sich auf dem Gebiet des Maschinenbaus, der Elektrotechnik oder der Chemie spezialisiert haben.

Ferner sollte ein Patentanwalt in örtlicher Nähe gesucht werden, um ihn häufiger sehen zu können.

Was ist später zu beachten?

Eingereichte Patent- oder Gebrauchsmusteran- meldungen müssen regelmäßig darauf überprüft werden, ob die Ansprüche noch immer das Produkt oder Verfahren umfassen, wie es auf dem Markt angeboten wird oder angeboten werden soll.

Häufig sind Zusatzanmeldungen oder Folgeanmeldungen unter Beanspruchung der früheren Priorität erforderlich, um den technischen Änderungen und Weiterentwicklungen gerecht zu werden.

Oft ist es möglich, bei einer Anmeldung einen Verfahrensanspruch in einen Vorrichtungsanspruch oder einen Vorrichtungsanspruch in einen Verfahrensanspruch zu ändern, ohne neu anmelden zu müssen, wenn die neue Kategorie der Lehre der Erfindung besser entspricht.

Welche Fehler vermeiden?

Oft stellt sich später in Verletzungsverfahren heraus, daß der Schutzumfang der Ansprüche eines Patents oder Gebrauchsmusters zu gering ist und damit dem Verletzer die Produktion nicht untersagt werden kann. Dieses Problem kann verringert werden, wenn nach der Formulierung der Ansprüche durch den Patentanwalt im Unternehmen eine Brainstorming-Sitzung abgehalten wird, in der nach alternativen technischen Lösungen gesucht wird, mit denen die Ansprüche insbesondere der Hauptanspruch umgangen werden kann. Der Patentanwalt kann danach die Ansprüche so erweitern, daß auch die neuen Lösungen mit umfaßt sind.

Schutz für spätere Ideen
Was kann ich
selber tun?

Nach dem Einreichen einer Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldung entstehen oft noch Verbesserungen und Alternativen zur Erfindung, die von der eingereichten Anmeldung nicht umfaßt werden. Verbesserungen und Alternativen möglichst früh dem Patentanwalt mitteilen, damit diese innerhalb von 12 Monaten ab dem Anmeldetag der ersten Anmeldung beim Patentamt eingereicht werden, um für die zweite Anmeldung die Priorität der ersten Anmeldung beanspruchen zu können.

Ist aber die neue alternative Lösung von der zuerst eingereichten Erfindung weit entfernt, so muß eine neue Anmeldung eingereicht werden, die keinen Bezug zur ersten Anmeldung hat und auch nicht die Priorität der ersten Anmeldung beansprucht.

Was sollte in Auftrag gegeben werden?

Folgeanmeldungen für Verbesserungen und Alternativen können nur von einem Patentanwalt ausgearbeitet werden. Es ist rechtlich schwierig zu beurteilen, ob es sich um eine unter die erste Anmeldung fallende Weiterentwicklung oder um eine unabhängige Neuentwicklung handelt. Im ersten Fall ist die zweite Anmeldung nur eine Fortführung der ersten. Im zweiten Fall ist die zweite Anmeldung eine völlig neue Anmeldung ohne wesentlichen Bezug zur ersten.

Was ist später zu beachten?

Spätere Ideen und Verbesserungen möglichst innerhalb von 12 Monaten ab dem Anmeldetag der ersten Anmeldung beim Patentamt einreichen lassen, um die Priorität der ersten Anmeldung beanspruchen zu können. Sind aber die 12 Monate abgelaufen, so kann noch im 13. Bis 18. Monat eine Weiterentwicklung oder Verbesserung der Erfindung eingereicht werden, wenn der Erfinder bzw. das Unternehmen die Erfindung noch nicht veröffentlicht hat.

Nach Ablauf von 18 Monaten ab dem Anmeldetag der ersten Anmeldungen wird diese durch das Patentamt automatisch veröffentlicht, so daß nach 18 Monaten eingereichte Verbesserungen und Weiterentwicklungen gegenüber der ersten Anmeldung neu und erfinderisch sein müssen.

Welche Fehler vermeiden?

Ohne Beratung durch einen Patentanwalt kann es geschehen, daß ein Erfinder eine zweite Anmeldung mit einer Verbesserung / Weiterentwicklung einreicht und vergißt, die Priorität der ersten Anmeldung bei der zweiten zu beanspruchen. Wird dann die erste Anmeldung später durch das Patentamt veröffentlicht, so gilt nach den Patentgesetzen der meisten Länder die erste Anmeldung als neuheitsschädlich gegenüber der zweiten Anmeldung, auch wenn die erste Anmeldung nur früher angemeldet und nicht vorveröffentlicht ist.

Stellt sich bei einer Patentanmeldung heraus, daß die Erfindung weitgehend aus dem Stand der Technik bekannt ist, so sollte die Anmeldung noch vor ihrer Veröffentlichung durch das Patentamt zurückgezogen werden, um das in der Anmeldung enthaltene Know-how geheim zu halten. Ein Zurückziehen der Anmeldung muß mindestens 8 Wochen vor dem Veröffentlichungsdatum erfolgen, um eine Veröffentlichung zu verhindern.

Schutz im Ausland
Was kann ich
selber tun?

Wegen der hohen Kosten muß sorgfältig darüber befunden werden, in welchen Ländern des Auslands parallel Anmeldungen eingereicht werden sollen. Hierzu muß bedacht werden:
- In welchen Staaten das Produkt / Verfahren auf den Markt gebracht werden soll,
- in welchen Ländern konkurrierende Unternehmen sitzen,
- in welchen Ländern Zulieferindustrie sitzt und
- in welchen Ländern Produktpiraten zu erwarten sind.

Was sollte in Auftrag gegeben werden?

Auslandsanmeldungen sollten bei einem Patentanwalt in Auftrag gegeben werden. Häufig wird er damit beauftragt, eine Europäische Patentanmeldung und weitere nationale Anmeldungen insbesondere in den USA, Kanada, Japan und einigen östlichen und asiatischen Staaten einzureichen. In den meisten Staaten muß der Patentanwalt einen örtlich zugelassenen Patentanwalt hinzunehmen.

Die PCT-Anmeldung (Internationale Patentanmeldung) wird insbesondere dann genutzt, wenn die Entscheidung schwer fällt, welche Länder gewählt werden sollten. Mit der PCT-Anmeldung kann die Wirkung von Anmeldungen in fast allen wichtigen Ländern erreicht werden. Eine Ausnahme sind Argentinien, Südafrika und Taiwan. Erst später müssen die Länder bestimmt werden, in der Patente gewünscht werden. Die PCT-Anmeldung hat ferner den Vorteil, daß in der eigenen Landessprache eingereicht werden kann. Der Zeitpunkt von Übersetzungen und der Beginn nationaler Verfahren wird erheblich hinausgeschoben, so daß die nationalen Kosten erst später erfolgen.

Was ist später zu beachten?

Die Kosten von Auslandsanmeldungen sind bis zum Einreichen der jeweiligen Anmeldung sehr hoch. Sehr hoch sind aber auch die Folgekosten.

Bei der Europäische Patentanmeldung und der PCT-Anmeldung ist zu beachten, daß bei der Nationalisierung, d.h. der späteren Aufteilung der Anmeldung in einzelnen nationale Anmeldungen noch einmal sehr hohe Kosten auf den Anmelder für nationale Anwälte, nationale Gebühren und Übersetzungskosten zukommen.

Die Kosten können verringert werden, wenn vor der Nationalisierung sorgfältig geprüft wird, auf welche Länder verzichtet werden kann.

Welche Fehler vermeiden?

Auslandsanmeldungen sollten innerhalb von 12 Monaten ab dem Anmeldetag der ersten nationalen Anmeldung eingereicht werden, um die Priorität der ersten Anmeldung beanspruchen zu können. Nur dann sind Veröffentlichungen der Erfindung und Anmeldungen Anderer nach dem Anmeldetag der ersten Anmeldung nicht schädlich.

Auch wird oft nicht die Chance genutzt, bei Auslandsanmeldungen den technischen Inhalt zu erweitern. In den Ansprüchen und der Beschreibung können weitere technische Ideen und Verbesserungen eingebracht werden, die in der ursprünglichen nationalen Anmeldung nicht enthalten sind, soweit sie mit der Erfindung einheitlich sind. Allerdings ist zu beachten, daß die neuen Ideen und Verbesserungen nicht die Priorität der ursprünglichen nationalen Anmeldung erhalten können. Deshalb ist darauf zu achten, daß die neuen Ideen / Verbesserungen nicht vorveröffentlicht werden.

 

© 1999 H.B. Cohausz

 

Weitere Dokumente:
Download Lehrprogramm PATENTE & MUSTER
Die provisorische Patentanmeldung

 

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Diese Seite wurde zuletzt geändert am 12.03.04/Me um 14:45 Uhr.
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